Effektives Lead Scoring: der Leitfaden für Inbound Marketing

Effektives Lead Scoring

Möchtet ihr eure Leads optimal nutzen und die Zusammenarbeit zwischen Vertrieb und Marketing optimieren? Unser Leitfaden für effektives Lead Scoring hilft euch dabei, die besten potenziellen Kunden zu identifizieren und euren ROI zu maximieren.

Autor: Marc Heydrich

Veröffentlicht:

Inbound Marketing

9 Min. Lesezeit

Was ist Lead Scoring?

Lead Scoring spielt eine wesentliche Rolle im Inbound Marketing und bewertet potenzielle Kunden des Unternehmens anhand von Eigenschaften und messbarem Verhalten, um die Abschlusswahrscheinlichkeit des Kontakts zu bestimmen.

Während Marketingteams früher versucht haben, auf allen möglichen Kanälen Werbe- und Produktbotschaften an potenzielle Kunden auszuspielen, zielt das Inbound Marketing darauf ab, organisch das Interesse potenzieller Kunden zu wecken und deren individuelle Bedürfnisse zu befriedigen, ohne dabei zu stören oder andere Aktivitäten zu unterbrechen.

Lead Scoring kann dabei helfen, anhand der ermittelten Punkte die zum jeweiligen Zeitpunkt beste Marketingaktion für den Lead auszuwählen und über automatisierte Workflows anzustoßen. Dies kann eine E-Mail mit einem Link auf ein Whitepaper sein oder ein direkter Anruf durch den Vertrieb. Genauso gut kann entschieden werden, dass es momentan noch keine gute Idee wäre, den Kontakt mit weiteren Angeboten zu bombardieren.

Was genau messen wir mit Lead Scoring?

Lead Scoring auf Basis eines einzelnen Kanals oder einer einzelnen Kampagne macht keinen Sinn. Stattdessen sollte das Lead Scoring möglichst alle messbaren Touchpoints und Kanäle miteinbeziehen, die ein Kontakt im Zuge der Customer Journey durchläuft. Auf diese Weise kann das automatisierte Marketing dem potenziellen Kunden punktgenaue Unterstützung bieten, hilfreichen Content bereitstellen, die Abschlusswahrscheinlichkeit erhöhen und Absprungraten senken.

Gemessen und verwertet werden grundsätzlich implizite und explizite Daten. Explizite Daten geben an, wie gut ein Kontakt zum Unternehmen passt. Hierbei kann es sich sowohl um kontaktbezogene Informationen (Beispiel: Alter oder Position im Unternehmen) als auch um unternehmensbezogene Informationen (Beispiel: Branche oder Unternehmensgröße) handeln. Beides wird entweder über Formulare beim Interessenten abgefragt oder im Hintergrund recherchiert. Implizite Daten spiegeln die messbaren Aktivitäten des Kontakts wider. Dazu zählt beispielsweise das Verhalten auf Social Media, Seitenaufrufe auf der Produkt-Website, das Öffnen von Newslettern, der Download eines Whitepapers, das Ansehen eines Videos oder auch Telefonate mit dem Call-Center.

Nimmt man nun beides zusammen, wissen wir, wie gut ein Interessent grundsätzlich zum Unternehmen passt (explizit) und wie sehr er sich tatsächlich für unsere Produkte interessiert (implizit).

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Wie führen wir Lead Scoring durch?

Für das richtige Lead Scoring Modell gibt es kein Patentrezept, das für alle Branchen und Unternehmen gleich gut funktioniert. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen manuellem und automatisiertem Lead Scoring, das auf künstlicher Intelligenz basiert und beispielsweise von HubSpot angeboten wird.

Da die meisten Unternehmen mit manuellem Lead Scoring beginnen, wollen wir uns nachfolgend eine manuelle Vorgehensweise ansehen, die einfach anzuwenden ist und in den meisten Situationen zum Einsatz kommen kann.

Schritt 1: Festlegen der Skala

Anfangs muss eine Skala festgelegt werden, anhand derer später entschieden werden soll, ob und wenn ja, welche Marketing- oder Vertriebsaktion eingeleitet werden soll, zum Beispiel von -100 Punkten (sehr unwahrscheinlicher Kaufabschluss) bis +100 Punkten (sehr wahrscheinlicher Kaufabschluss).

Schritt 2: Identifizieren der Daten

Als nächstes kommt der Schritt, der besonders wichtig ist, aber sicherlich auch den höchsten Aufwand erzeugt. Nun müssen die expliziten und impliziten Kriterien gefunden werden, die entweder besonders hoch oder besonders niedrig mit der Conversion korrelieren. Der beste Weg, diese Kriterien zu finden, ist ein Blick auf historische Daten. Bei welchen Branchen ist ein späterer Kaufabschluss besonders wahrscheinlich? Bei welchen Unternehmensgrößen ist die Absprungrate besonders hoch? Welcher Content auf der Website wird von späteren Käufern besonders häufig konsumiert?

Auch ist es sinnvoll, den Vertrieb zu befragen, welche Kriterien er für besonders relevant erachtet. Auf diese Weise können Lücken in den Daten durch qualitative Erfahrungswerte geschlossen werden.

Schritt 3: Punktevergabe

Anschließend müssen die identifizierten Kriterien mit Punkten versehen werden. Hierbei sollte man sich nicht auf sein Bauchgefühl verlassen, sondern ebenfalls historische Daten zu Rate ziehen. Der einfachste Weg besteht in der Analyse der individuellen Close Rates je Kriterium. Angenommen, die Close Rate über alle Leads beträgt 1% und die Close Rate derjenigen Leads, die sich vor dem Kauf ein bestimmtes Webinar angesehen haben, beträgt 10%. Somit liegt das Kriterium „Webinar angesehen“ um den Faktor 10 über der Gesamt-Conversion und kann abhängig von der gewählten Skala beispielsweise mit 10 Punkten versehen werden. Genauso funktioniert es mit negativen Kriterien. Gesetzt den Fall, die Close Rate für Interessenten, die den Newsletter abbestellt haben, beträgt lediglich 0,05% und liegt somit um den Faktor 20 unter der Gesamt-Conversion. Hier könnte das Kriterium mit -20 Punkten bewertet werden.

Schritt 4: Festlegen eines Rasters

Zum Abschluss sollte gemeinsam mit dem Vertrieb ein Raster festgelegt werden, wie eingehende Leads anhand ihrer Punkte bewertet werden. Ab welcher Punktzahl ist ein Lead ein „heißer Lead“ und sollte direkt vom Vertrieb kontaktiert werden? Bei welcher (negativen) Punktzahl ist davon auszugehen, dass sich der Interessent nur umsieht und keine absehbare Kaufabsicht hat? Zwischen diesen beiden Schwellenwerten werden dann verschiedene Punktebereiche festgelegt, die anschließend vom Marketingteam genutzt werden können, um darauf konkrete Kampagnen auszurichten.

Ausgewählte Beispiele zum Einsatz von Lead Scoring

Hier sind einige ausgewählte Beispiele, wie Lead Scoring effektiv eingesetzt werden kann:

  1. Bewertung der Listenqualität insgesamt: Eine wichtige Frage ist, wie engagiert unsere Leads sind und wie sich das Engagement im Laufe der Zeit entwickelt. Wir können das Lead Scoring nutzen, um die Qualität unserer Listen insgesamt zu bewerten.
  2. Bewertung des Anteils der Leads mit hohem Engagement: Ein weiterer interessanter Aspekt ist der Anteil der Leads mit einem hohen Engagement. Zum Beispiel können wir den Prozentsatz der High-engaged-Leads bestimmen, die mehr als eine bestimmte Anzahl an Punkten erreichen. Mit Lead Scoring können wir überprüfen, wie sich dieser Anteil im Laufe der Zeit entwickelt, und damit die Effektivität unserer Marktetingaktivitäten bewerten.
  3. Bewertung von Leads im Vertriebsprozess: Das Lead Scoring bietet auch die Möglichkeit, ein fest definiertes Bewertungsraster zwischen Marketing und Vertrieb zu vereinbaren, ab welcher Punktzahl ein Lead als potenzieller Kunde qualifiziert ist und wann ein Lead aktiv vom Vertrieb weiter bearbeitet werden soll. Bei Unternehmen, in denen CRM und Marketinplattform getrennt sind, sollte an dieser Stelle auch die Übertragung des Leads in das CRM erfolgen.
  4. Automatischer Sequenzwechsel basierend auf dem Score: Durch das Lead Scoring können wir automatisch den Wechsel eines Leads in eine neue E-Mail-Sequenz auslösen, wenn der Punktestand über einen vordefinierten Zeitraum über- oder unterschritten werden. Zum Beispiel könnten wir festlegen, dass ein Lead mit einem Score über 45 in eine Terminvereinbarungs-Sequenz wechselt. Oder wenn ein Lead über einen Zeitraum von 6 Wochen eine negative Punktzahl aufweist, wird er in eine Re-Engagement-Sequenz verschoben.
  5. Exklusive Angebote / Aktionen / Event-Einladungen an Leads mit hohem Lead Score: Wir können spezielle Angebote, Aktionen oder Event-Einladungen exklusiv an Leads mit einem hohen Lead Score senden. Je mehr Punkte ein Lead aufweist, desto höher in der Regel die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Kontakt empfänglicher ist für werbliche Angebote.
  6. Erstellen von CRM-Selektionen, Sortierungen im CRM oder Anruf-Listen für Telesales: Durch das Lead Scoring können wir effizient CRM-Selektionen erstellen, Sortierungen im CRM durchführen oder Anruf-Listen für Telesales generieren. Leads mit mehr Punkten haben in der Regel eine höhere Abschluss-Wahrscheinlichkeit, daher können wir Vertriebsaktionen gezieltere planen und durchführen.

Dies sind nur einige Beispiele und Einsatzmöglichkeiten für Lead Scorings im Unternehmen. In einem systematischen Marketing- und Vertriebsprozess sollten die automatisch vergebenen Punkte in jedem einzelnen Teilschritt eine wichtige Rolle spielen.

Welche Voraussetzungen gibt es für Lead Scoring?

Es gibt einige wichtige Voraussetzungen, die gegeben sein sollten, um Lead Scoring erfolgreich im Unternehmen einzusetzen:

  • Eine Marketing-Automatisierungssoftware wie HubSpot, in der alle impliziten und expliziten Daten eines Leads zusammenlaufen, Lead Scores vergeben werden und automatisierte Workflows gestartet werden können.
  • Ein definiertes Ideal Customer Profile (ICP) und ausgearbeitete Personas, sodass die Lead-Scoring-Modelle neuen Leads zugeordnet werden können. Sollte euer Unternehmen noch kein ICP entwickelt haben, werft gerne einen Blick in unseren Artikel zu Inbound Marketing, in dem wir das Vorgehen genauer beschreiben.
  • Historische Daten und Informationen, anhand derer der tatsächliche Einfluss eines Kriteriums auf den Abschluss faktisch nachgewiesen werden kann.
  • Ein gemeinsames Verständnis zwischen Marketing und Vertrieb, welche Kriterien einen qualifizierten Kontakt ausmachen. In diesem Zusammenhang sollten auch Begriffe wie “Marketing Qualified Lead” oder “Sales Qualified Lead” eindeutig im Unternehmen definiert sein.
  • Ein auf Lead Nurturing ausgerichteter Marketingprozess.
  • Eine auf Testen und laufende Optimierung ausgelegte Marketingorganisation.

Die Nutzung von Lead Scoring ermöglicht Unternehmen durch die fortlaufende Bewertung der Qualität ihrer Leads eine wesentliche Optimierung ihrer Marketing- und Vertriebsprozesse. Damit steigt die Effizienz signifikant. Dabei spielt der fortlaufende Prozesscharakter des Lead Scorings eine wichtige Rolle, denn Unternehmen sollten ihre Scoring-Modelle ständig auf Basis von Ergebnissen und Rückmeldungen anpassen und verbessern.

FAQ

Abschließend möchten wir euch gerne noch einige wichtige Fragen im Zusammenhang mit Lead Scoring beantworten.

Für die Segmentierung eurer Kontakte kann es sehr sinnvoll sein, die impliziten und expliziten Kriterien in zwei getrennten Scorings zu messen, um individuell auf deren Ausprägung reagieren zu können. In unseren Kundenprojekten bei inboundfriends unterteilen wir dies häufig in „Level of Qualification“ und „Level of Interest“. Das „Level of Qualification“ gibt an, wie gut ein Unternehmen dem idealen Kunden des Unternehmens entspricht. Punkte in diesem Score messen also unsere impliziten Kriterien. Das „Level of Interest“ gibt an, wie viel Engagement der Lead mit unserem Content aufweist. Dieser Score misst also unsere expliziten Kriterien.

Es ist wichtig, den im Lead-Scoring-Prozess vergebenen Punkten eine geeignete Halbwertszeit zuzuweisen, um eine übermäßige Ansammlung von Scorings zu vermeiden, die das Engagement eines Nutzers in der entfernten Vergangenheit widerspiegeln und keine Aussagekraft mehr in Bezug auf die Gegenwart besitzen. Wenn die Marketingplattform dies unterstützt, sollten also zuvor zugewiesene Lead-Scoring-Punkte nach bestimmten Zeitspannen wieder entfernt werden. Dieses Vorgehen ermöglicht es uns, stets ein aktuelles Bild des Engagements des jeweiligen Kontakts durch den Lead-Scoring-Wert zu gewährleisten.

Vertriebsressourcen sind in aller Regel begrenzt. Ein wichtiges Ziel fast jeder Vertriebsorganisation lautet daher, sich auf diejenigen Leads zu konzentrieren, die eine gute Abschlusswahrscheinlichkeit und ein hohen Auftragseingang versprechen. Leider gehört es immer noch zum Alltag vieler Unternehmen, dass der Vertrieb sich unzufrieden mit der Qualität der von Marketing generierten Leads zeigt. Anstatt an einem Strang zu ziehen, schieben sich beide Teams dann häufig gegenseitig die Schuld in die Schuhe, warum die Neukundengewinnung stagniert. Ein gemeinsames Verständnis der Kriterien, die über einen qualifizierten Lead entscheiden, ist also das A und O in jeder erfolgreichen Marketing- und Vertriebsorganisation.

Wir hoffen, dass dieser Beitrag euch einen tieferen Einblick in die Bedeutung und Anwendung von Lead Scoring gegeben hat. Natürlich ist dies bei einem so komplexen Thema nur die Spitze des Eisbergs.

Wenn ihr Unterstützung benötigt oder einfach nur neugierig sind, wie Lead Scoring euren spezifischen Anforderungen und Zielen gerecht kann, laden wir euch herzlich zu einem Austauschtermin mit uns ein. Unser erfahrenes Team bei inboundfriends freut sich darauf, mit euch über eure Lead-Scoring-Strategie zu sprechen und euch dabei zu helfen, das meiste aus euren Leads herauszuholen.

Marc Heydrich

Über den Autor

Marc Heydrich ist seit über zwanzig Jahren im digitalen B2B-Marketing tätig. Als Geschäftsführer und Berater bei inboundfriends ist Marc verantwortlich für die strategische Beratung zu den Themen Inbound Marketing, Sales Enablement und HubSpot.

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